Text für den Verkündigungsteil der ThomasMesse am 25. Dezember 2006
Im St. Petri Dom zu Bremen
Mt.2, 1-11
Was ist schöner: schenken
oder beschenkt werden?
Welcher Moment hat Sie
gestern, am Heilig Abend mehr berührt und gefreut: der Moment, in dem ihr Kind,
Vater, Mutter, Freundin oder Freund das Geschenk ausgepackt hat, das Sie gepackt
haben – und Sie strahlend angesehen hat. Oder war es der Moment, in dem Sie ein
Geschenk ausgepackt haben - und dabei gespürt haben, wie sehr Sie geachtet, wie
sehr Sie geliebt werden?
Und was fällt Ihnen leichter
– zu schenken oder beschenkt zu werden?
Oder gehören Sie etwa
zu denen, die mit allen aus der Familie verabredet haben, sich gegenseitig nichts
mehr zu schenken – weil ihnen nichts mehr einfällt oder die anderen ja doch schon
alles haben? Ja, ich weiß: es ist ein Stressfaktor, das richtige Geschenk zu finden
und die Weihnachtszeit kann mit ihrer bunten Lichterflut und den agressiv- bunten
Werbemassen richtig auf die Nerven gehen. Aber wenn wir nichts mehr schenken und
uns nicht mehr beschenken lassen, geht uns möglicherweise etwas ganz Wesentliches
verloren.
Das Weihnachtsfest ist so etwas wie die Urszene
des Schenkens. „Lobt Gott,
ihr Christen alle gleich, in seinem höchsten Thon, der heut schleußt auf sein Himmelreich
und schenkt uns seinen Sohn, und schenkt uns seinen Sohn“ – so heißt es in einem
Weihnachtslied. Und was machen wir? Wie können wir dieses Geschenk wieder gut machen?
Was können wir schenken?
Nichts! Gar nichts!
Null, nothing, njente!!!
Jedenfalls nichts, was dieses Geschenk in irgendeiner
Weise aufwiegen könnte. Wenn wir das versuchen sollten, können wir unsere
Geschenke gleich wieder einpacken.
Weihnachten ist die Urszene der Gabe, die keine
Gegengabe erfordert – weil kein Geschenk ausreicht, um das überbordende Geschenk
Gottes an die Menschen zu vergelten. Im Weihnachtsfest kommen alle Geschenke-Deals
an ihr Ende. Hier gibt es keine Berechnung von Gabe und Gegengabe. Wir brauchen
uns nicht den Kopf zu zerbrechen, wie wir das Geschenk wieder gut machen können
– wie wir das so gewöhnt sind – nach dem Motto: im Leben kriegst du nichts geschenkt.
Hier ist das Leben nur Geschenk. Wir können nur staunend da stehen und
empfangen, was uns in die Hand gedrückt wird: eine gigantische Verschwendung
der Liebe Gottes.
Und doch ist in der Weihnachtsgeschichte
von Geschenken die Rede: schließlich kommen die drei Weisen aus dem Morgenland doch
mit Geschenken: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Sind das keine Geschenke? Doch schon
– aber eigentlich auch nicht. Denn nicht auf die Dinge kommt es an, sondern darauf,
wofür sie stehen. Das Gold als Zeichen der Königswürde, der Weihrauch als Zeichen
der Verehrung des Göttlichen in dem Kind, Myrrhe als Medizin und Zeichen für die
verletzliche Menschlichkeit des Kindes.
Viel wichtiger als all
das aber dies: die Weisen fallen auf ihre Knie und beten das Kind an. Das ist das
Entscheidende.
Sie tun ihre Schätze auf und geben doch eigentlich sich selbst! Sie
geben sich dem Jesuskind hin. Halten ihre Hände hin, um sie füllen zu lassen, halten
ihr Herz und ihre Seele in den Glanz Gottes, der da aus dem Kind hervorleuchtet.
Ist das unsere Geschichte?
Vielleicht ist aber auch die andere Geschichte
dieser Messe eher unsere: die des kleinen
Trommlers. Wir haben das Lied gehört und mitgesungen. Es ist das Lied
des kleinen Trommlers, der denkt, er habe nichts zu bieten, der vermeintlich mit
leeren Händen zu dem Jesukind kommt.
„…ich habe kein Geschenk
mitzubringen,
das eines Königs würdig
wäre…
Ich spielte meine Trommel
für ihn,
ich gab mein Bestes für
ihn.
Dann lächelte er mir zu,
mir und meiner Trommel.“
Der kleine Trommler bringt
sich selber mit – das ist das Wichtigste, und er bringt mit, was er kann
– mehr nicht! Und das wird gewürdigt!
Was ist mein Bestes, was
ist mein Trommeln?
Welche Begabung schenke
ich diesem Kind und den anderen Menschen?
Ist es kleines bisschen
meiner Zeit, meiner Liebe, meiner Zuwendung, meines Gerechtigkeitsempfinden, mein
Mitempfinden für die, denen es in diesen Tagen nicht so gut geht, meine Leidenschaft
für ein friedvolles Zusammenleben?
Was ist mein Bestes? Was
ist Ihr Bestes, das Sie diesem Kind in der Krippe schenken können? Was ist Dein
Bestes, das Du diesem Kind in der Krippe schenken kannst?
Nun mögen manche hier
sitzen und denken:
der nimmt den Mund aber ganz schön voll! Das klingt alles so sicher, so fest, so
fromm. Und nun soll ich auch noch sagen, was mein Bestes ist, das ich
Jesus schenken kann?
Was ist denn, wenn ich
nicht so einfach die Lieder mitsingen kann, mich nicht zu denen zähle, die sich
Christen nennen und Gott loben sollen? Und was ist, wenn ich einfach nicht niederknien
kann vor dem Kind in der Krippe, weil ich nicht weiß, ob das alles wirklich etwas
für mich ist oder ich grundsätzlich skeptisch werde, wenn ich vor irgendjemandem
oder irgendetwas niederknien soll? Was ist, wenn ich das nicht kann: mich diesem
Gott so hingeben?
Zugegeben: schon wer den Namen „Gott“ in den
Mund nimmt, nimmt den Mund eigentlich immer zu voll. Und wer den Namen
Gottes ausspricht, greift immer schon über die eigenen Möglichkeiten hinaus. Und
auf meinen Glauben bilde ich mir nichts ein: der ist manchmal nur ein Trommeln gegen
den Zweifel, ein Trommeln gegen die Angst zu versagen. Mehr habe ich oft nicht zu
bieten – aber das reicht, sagt das Jesuskind mir! Ich gebe mein Bestes, mehr kann
ich nicht – aber das reicht.
Es reicht! Du reichst!
Und wenn Sie nicht niederknien können – dann suchen Sie sich eine andere Haltung aus. Vielleicht zünden Sie gleich eine Kerze an, vielleicht schreiben Sie ein Gebet auf. Vielleicht singen Sie gleich das Lied mit, leihen sich die Worte der ersten Strophe und stimmen vorsichtig mit ein und lassen sich davon berühren. „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben; ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut, nimm alles hin und lass dir´s wohl gefallen.“
Renke B.